Die Geschichte von BuKi in Cidreag begann bereits im Februar 2008. Heidi Haller und Peter Wielath begleiteten ihren Bekannten Michael Schmid auf einem Hilfstransport nach Rumänien.

Im Nordwesten Rumäniens, in der Region um Halmeu, wurden verschiedene Dörfer angefahren, wo meist gemeinsam mit Priestern an bedürftige Menschen Hilfsgüter abgegeben wurden. In Cidreag trat ein Herr auf sie zu und bat sie mitzukommen. Er führte sie ins dortige Roma-Viertel. Die Helfer waren von der Freundlichkeit der Menschen überwältigt und gleichzeitig von ihren Verhältnissen schockiert.

Eine Frau lebte mit ihrem Sohn auf feuchten Kartonagen in einem Plastikverschlag – ohne Ofen, ohne Strom, ohne Wasser, ohne Bad. Sie besaßen nicht mehr, als das, was sie am Leibe trugen. Zurück in Bad Saulgau, sagten wir uns: „Solch eine Armut in Europa? Das können wir nicht stehen lassen.“ Und haben gehandelt.

BuKi Kinderarmut Armut von Familien Familien im Plastikverschlag

BuKi von Februar 2008 bis Dezember 2010

BuKi hat mit typischen Hilfstransporten begonnen. In knapp acht Hilfstransporten wurden Kleider, Schuhe, Betten, Möbel, Haushaltswaren, Lebensmittel, Kinderwägen und Medikamente nach Cidreag zur Unterstützung der Menschen gebracht. Vor der Verteilung haben wir die bedürftigen Familien besucht und Gutscheine vergeben. Auf den Gutscheinen war vermerkt wie viele Personen in den Familien wohnten und ob sie Betten, Kinderwagen oder weitere Hilfsmittel benötigen. In der Regel haben die Familien einen Sack mit Kleider und einen Eimer oder eine kleine Kiste mit Lebensmittel erhalten. Insgesamt konnten wir die Verteilung der Hilfsmittel sehr gut steuern. Darüber hinaus konnten wir dank zahlreicher Förderer von 2008 bis 2011 für vier bedürftige Familien Häuser bauen.

In dieser ersten Phase haben wir zwei wichtige Dinge gelernt:

  • Nicht jede Hilfe, die wir für wichtig erachten, passt in die Lebenswelt der Menschen. Selbst wenn die Menschen wollten, können sie nicht jede Unterstützung annehmen. Ich erinnere mich an eine Szene aus den ersten Jahren.

Für einen Transport wurden Lebensmittelpakete geplant. Eine Frage wurde im Verein lebhaft diskutiert. Sollen das Müsli qualitativ hochwertig im Bio-Laden oder vielleicht nicht ganz so hochwertig aber dennoch nützlich bei Aldi beschafft werden.

Wir haben dann mehrer Paletten Lebensmittel bei Aldi gekauft und für den Transport in Kisten verpackt. Nach der Verteilung vor Ort mussten wir feststellen, dass die bedürftigen Menschen 'Müsli' gar nicht kannten.

Dennoch, die Lebensmittelhilfe war sehr sinnvoll. Wir haben natürlich nicht nur Müsli gekauft, sondern auch Kartoffeln, Mehl, Öl, Zucker, Gemüse und vieles mehr. Während der Verteilung Ende Februar Anfang März fielen einige Frauen aus Schwäche um. Nach einem entbehrungsreichen Winter waren die Menschen völlig ausgezehrt und das Lebensmittelpaket äußerst wichtig.

Ein klassisches Missverständnis, das alle NGOs und Hilfsorganisationen begleitet. Obwohl die Hilfen gut gemeint sind, erreichen sie die Menschen nicht. Man könnte Bücher darüber schreiben. Dieses 'try and fail' ist auch charakteristisch für die Entwicklung von BuKi. Wir wagen einen Schritt, wir gehen voran, wenn er funktioniert ist es gut, wenn nicht, machen wir etwas anderes.

BuKi gibt Kindern eine Chance. Diese Chance ist eng mit einem Entwicklungsprozess der Kinder verbunden. Es ist aber nicht nur ein Geben an sozialen und humanitären Leistungen. Mit dem Entwicklungsprozess der Kinder ist unmittelbar ein Lernprozess für BuKi als Institution verbunden. Denn die Kinder können sich nur dann entwickeln, wenn wir sehen, ob unser Programm auch angenommen wird.

  • BuKi führt heute keine Hilfstransporte mehr durch. Akute Notlagen für Menschen können mit Hilfstransporten und auch humanitären Hilfen gelindert werden. Gleichzeitig aber lassen sich mit Hilfstransporten keine Veränderungen der Lebensverhältnisse herbeiführen.

Das heißt: mit Hilfstransporten wird die Struktur der Armut nicht verändert; Menschen geraten sogar in eine Form der Abhängigkeit. Deshalb führen wir keine Hilfstransporte mehr durch. Gleichzeitig wurde die Idee zur Gründung einer Betreuungsstätte für Roma-Kinder geboren.

Januar 2011, die Eröffnung des BuKi-Hauses

Wie durch einen Zufall konnten wir im August 2010 ein landwirtschaftliches Anwesen für die Betreuung von Roma-Kindern anmieten. 2010, haben wir vor allem Umbaumaßnahmen im BuKi-Haus vorgenommen. Wir haben ein Bad und eine Küche eingebaut und die Betreuungszimmer renoviert. 2010 haben wir auch das erste BuKi Sommerfest für alle Kinder der Gemeinden Cidreag und Kökényesd gefeiert.

Im Januar 2011 war es dann so weit. Mit 20 Kindern und vier Pädagogen wurde das BuKi-Haus - eine Tagesstätte für Roma-Kinder - eröffnet.

Seit Beginn des BuKi-Hauses gibt es den BuKi-Kreislauf: Die Kinder kommen morgens ins BuKi-Haus zum Frühstück, gehen danach zur Schule, kommen von der Schule zurück, erhalten einen Mittagstisch und werden anschließend pädagogisch betreut. BuKi fördert und fordert: Nur wenn die Kinder zur Schule gehen, dürfen sie das BuKi-Haus besuchen.

Die Leistungen von BuKi stehen heute auf vier Säulen: Soziale Grundsicherung, Soziale Arbeit, Lebensnahe Bildung und Schulbegleitung.

Mit einem breiten Angebot an sozialen Leistungen wird je nach Situation der Kinder ihr Weg zur Schule flankiert. BuKi nimmt die Kinder bei der Hand, federt ihre sozialen Hürden ab und führt sie wie über eine Brücke in die Schule.

Auf diesem Entwicklungspfad oder der Brücke liegen eine Vielzahl sozialer Codes, die die Kinder befähigen, sich außerhalb des Roma-Viertels zurechtzufinden. Je mehr soziale Codes die Kinder auf ihrem Weg mit BuKi aufschnappen und mitnehmen, um so großer wird ihre Chance, sich zukünftig in der Gesellschaft besser zurechtzufinden und an dem gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

10 Jahre nach Eröffnung des BuKi-Hauses können wir sagen, wir sind angekommen: Mit 45 Kindern, die in vier Gruppen betreut werden, platzt heute das Haus aus allen Nähten. Sieben Betreuerinnen kümmern sich täglich um das Wohl und die Entwicklung der Kinder. Mit unserem BuKi Kindersommer, den wir für alle Kinder im Ort durchführen, leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Abbau der ethnischen Vorbehalte und Integration der Kinder.

BuKi wurde in den Gemeinden angenommen: 65 Weihnachtspäckchen haben Bürger der Gemeinde in diesem Jahr an die BuKi-Kinder gespendet. Kaum eines der BuKi-Kinder erhält an Weihnachten zu Hause Geschenke. Dieses Mitgefühl aus der Gemeinde heraus für die Kinder etwas zu tun und ihnen zu helfen, haben wir so zuvor nicht erlebt - das ist grandios.

Doch unser größter Erfolg: die Teilhabe der Kinder an Bildung hat sich wesentlich erhöht. Mehr Kinder besuchen die Schule, mehr Kinder bleiben länger in der Schule, mehr Kinder schließen die Schule ab, mehr Kinder gehen auf weiterführende Schulen nach Satu Mare.

BuKi ist weiterhin hemdsärmlig, bodenständig, engagiert. Wir sind eine kleine NGO die sich weiterhin fast ausschließlich über Spenden finanziert. All das, was wir für die Kinder und die Familien tun, ist nur durch die beherzte finanzielle Hilfe von vielen Spendern und Förderer möglich. An dieser Stelle unser aller bester Dank für die Unterstützung das Vertrauen in unsere Arbeit im BuKi-Haus.

Die soziale Lage der Kinder bleibt trotz vieler erfreulicher Entwicklungen angespannt. Ohne das langfristige Engagement von BuKi haben die Roma-Kinder in Cidreag keine Chance. Wir freuen uns darauf, diese Herausforderung für die Kinder auch in Zukunft anzunehmen.