Gyula, ein BuKi Kind der ersten Stunde,
gründet im Dorf Adrian seine kleine Familie

Letzte Woche hat Gyula versucht uns öfters anzurufen, seine Nachrichten auf Messenger baten eindringlich um Hilfe für seinen kranken, zwei Monate alten Sohn David. Diese Nachrichten haben mir heute keine Ruhe gelassen. Stefan und ich sind das erste Mal in das ca. 25 km. entfernte Dorf Adrian gefahren, um Gyula zu suchen.

Das Dorf war größer als erwartet. Einfach war es nicht die kleine Roma Ansiedlung zu finden. Als wir ankamen, fühlte ich mich wie auf einer Zeitreise. Vor 12 Jahren, als ich das erste Mal in Cidreag war, bot sich mir dasselbe Bild: Notdürftige Armutsbehausungen, verwahrloste Kinder, dreckverkrustet, barfuß, scheu, die Anderen mutig, frech und lachend uns entgegenspringend. Ein déjà vu – eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

Was für ein Lichtblick in dieser Tristesse! Unter all diesen Hütten, ein kleines neues Miniaturhaus – leuchtend grün – das Haus von Gyula und seiner Frau Gabriela.

Gyula, seine Frau Gabriella und ihr Sohn David
Was für eine Freude Gyula und seine Frau Gabriella mit ihrem Sohn David zu sehen. Gyula, der vor ein paar Jahren selber noch ein hilfsbedürftiger Knirps war und jede freie Minute seinem Zuhause im Slum entfloh, um im BuKi Haus bei uns zu sein.

Unser Gyula, Papa und voller Sorge um seinen Sohn David.
Diese Gedanken und Gefühle, die einem durchdringen – so fühlen sich vermutlich Eltern, die Ihr Kind nach 3 Jahren wiedersehen und merken, dass aus dem Kind ein kleiner Erwachsener geworden ist. Es steht außer Frage: „ich werde alles für dieses jetzt große Kind tun“.

Der kleine David isst zu wenig und hat ständig Blähungen und Schmerzen. Unser junges Paar ist vollends überfordert, verständlich – Gyula ist 19, Gabriella 17. Beide haben von Ihren Eltern in Sachen „Umgang und Ernährung von Babys, bewährte Hausmittel zur Behandlung von Blähungen“, nicht viel mit auf den Weg bekommen.

20,00 € – für uns ein Klacks, für Gyula ein Tageslohn
Sie waren deshalb schon öfters beim Arzt und im Krankenhaus im 20 km entfernten Satu Mare. Dorthin fährt kein Bus. Die Familie muss einen Fahrer organisieren, dem sie für die Fahrt 100 Ron bezahlen müssen (knappe 20 €).

Für uns aus Deutschland ist das ein Klacks, für Gyula ein Tageslohn. Es ist Oktober, er hat nicht mehr all zu viele Möglichkeiten auf dem Feld zu arbeiten, um Geld zu verdienen. Das macht es schwierig das Geld für die Behandlung von David zusammenzubekommen. Deshalb der Hilferuf an uns. Klar, ich gebe ihm die 100 € – es tut mir nicht weh, aber Gyula braucht es dringend für seinen kleinen Sohn.

In drei Wochen geht er für drei Monate nach Holland zum Arbeiten.
„Muss sei“ sagt er, sie brauchen das Geld. Er möchte mir unbedingt das Geld zurückzahlen. Er trinkt keinen „Energie“ mehr und raucht nur noch 4 Zigaretten am Tag. Er sagt für das eingesparte Geld kann er Windeln kaufen.

Stolz erzählte er uns, dass er die Formulare für seinen Pass selbst ausgefüllt hätte.

Für die Arbeit in Holland benötig er einen Pass. Er kann wirklich stolz sein, dass er die dazu notwendigen Formulare selber ausfüllen konnte. Man muss wissen, in unserer Gegend spricht man ungarisch, die Behördensprache ist rumänisch. Ja und wer schon einmal mit der rumänischen Bürokratie zu tun hatte, weiß, dass das Ausfüllen der unzähligen Papiere einen Kraftakt bedeutet.

Stolz ist er, dass er bei BuKi Schreiben und Rechnen gelernt hat. Er ist der Einzige im Romaviertel, der dazu in der Lage ist. Seit er in Adrian wohnt, kommen die Roma-Kinder nach der Schule zu ihm – er hilft ihnen rechnen und schreiben zu lernen.

Er meinte, wenn BuKi in Adrian wäre, dann wären alle Kinder da. Ja, da hat er wohl recht und in meinem Kopf rattert es – auch hier gibt es so viele Familien und Kinder, die Hilfe und Unterstützung bräuchten – eine Chance, um sich aus diesem Leben frei zu kämpfen.

Gyula macht den Anfang – wir werden ihn weiter unterstützen!