Ich schlafe unterm Himmelszelt und warte auf bessere Zeiten
– Ég alatt hálok, Jobb időket várok

Die politische und gesellschaftliche Situation in Europa ist angespannt. Immer mehr Länder schließen Schulen und Kindergärten, Landesgrenzen und jegliche Einrichtungen des öffentlichen Lebens. Die Welt scheint zu entschleunigen – bei einem gleichzeitig rasanten Anstieg von neuen Maßnahmen, die die Ausbreitung des Coronavirus verhindern sollen.

Cidreag – scheinbar abgeschnitten von der restlichen Welt. Doch auch hier sind die Veränderungen angekommen. Die Schließung aller Bildungseinrichtungen des Landes betrifft auch das BuKi-Haus. Für die Roma-Kinder aus dem Viertel hat dies weitreichende Folgen. Täglich stehen sie vor dem geschlossenen Tor, mit Hoffnung in den Augen und der einzigen Frage auf den Lippen: „ja BuKi? Programm?“. Die tägliche Routine, die die Kinder in ihrem Alltag gehalten hat, fällt plötzlich weg. Die Verpflegung und die hygienischen Maßnahmen werden dadurch erheblich erschwert. Was bleibt sind Ungewissheit, Angst und die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Ich selbst bin Studentin der Sozialen Arbeit und absolviere mein praktisches Studiensemester bei BuKi in Cidreag. Die neusten Entwicklungen, die die Ausbreitung des Corona-Virus mit sich bringt, hat auch meine Pläne geändert. Aufgrund der rasanten Entwicklungen der Sanktionen und Einschränkungen in allen Ländern der EU, sah ich mich gezwungen nach Deutschland zurückzukehren. Ich war nun zwei Wochen im BuKi-Haus vor Ort tätig und berichte darüber was BuKi im Leben der Kinder bedeutet:

Das BuKi-Haus: Anker für viele Kinder
Während meiner ersten Woche in Cidreag, war das BuKi-Haus noch wie gewohnt geöffnet. Für die Kinder wird die Einrichtung bereits früh am Morgen tätig. Da es in den Familien oft keine Uhren gibt und auch das Verständnis für Zeit fehlt, ist es für viele Kinder schwierig um 8 Uhr in der Schule/im Kindergarten zu sein. Deshalb ist es die Aufgabe der PraktikantInnen, morgens die Kinder zu wecken. Manche brauchen dabei mehr Überzeugung als Andere und bei Einzelnen war es das erste Ziel, Vertrauen aufzubauen, um sie anschließend in den Kindergarten zu begleiten.

Neben der Verpflegung am Morgen und am Mittag stehen die lebensnahen Bildungsangebote im Vordergrund, durch die die Kinder Routine, sowie den Umgang mit Hygiene, hauswirtschaftliche und ganz praktische Tätigkeiten erlernen. Ob Zähneputzen, Nudeln selbst herstellen, oder Fahrräder reparieren: die Kinder erlernen viel und haben dabei Spaß!

Zum BuKi-Programm gehören natürlich auch Angebote, die den Kindern einfach Spaß machen und ausschließlich ihren Wünschen entsprechen. Dazu gehören zum Beispiel die buli – übersetzt Party. Diese ist für alle Kinder und Jugendliche aus dem Dorf ein RIESEN-Hit. Den ganzen Tag wird darauf hin gefiebert und der Andrang ist groß. Tanzen können die Kinder alle und es macht ihnen richtig viel Spaß. Weiterhin ist der Aqua-Park DAS Erlebnis für die Kinder! Den Gutschein für einen Besuch dort, haben Sie von BuKi zu Weihnachten geschenkt bekommen. Nun durften die ersten 9 Kinder mitkommen. Sie hatten super viel Spaß, wollten am Ende gar nicht gehen und auch das Föhnen war sehr lustig!

Und plötzlich ist alles anders
In der zweiten Woche meines Aufenthaltes wurde das BuKi-Haus geschlossen. Wir waren vor Ort und haben versucht, den Kindern wenigstens ein bisschen Normalität zu vermitteln, indem wir morgens ins Viertel gingen, den Kindern ihr heiß geliebtes Müsli, Tee, Brot und Obst brachten und bei Ihnen blieben, um mit Ihnen zu spielen, zu lernen und somit die Routine aufrecht zu erhalten. Auch Händewaschen kam nicht zu kurz und wurde von den Kindern dankend angenommen.

Dabei konzentrierten wir uns vor allem auf zwei Familien, die ganz besonders auf Hilfe angewiesen sind. Dazu gehören zum einen drei Mädchen, zwischen 4 und 8 Jahre alt, die zurzeit ohne Eltern bei ihrer älteren Tante wohnen. Nachdem Sie im Dezember von der Mutter in einen anderen Ort gebracht wurden, tauchten Sie plötzlich im Januar allein, unterernährt und teilweise mit Erfrierungen wieder auf. Um zu verhindern, dass sie im Waisenhaus voneinander getrennt werden, kümmert sich BuKi um die drei, versorgt sie im BuKi-Haus mit Nahrungsmitteln, frischer Kleidung und duscht sie dort zwei Mal die Woche. Die Situation für die drei hat sich nun nach der Schließung des BuKi-Hauses wieder verschärft. Die Versorgung in der Einrichtung ist aufgrund derzeitiger Auflagen verboten, allerdings werden die Tante und die drei Kinder nicht im Stich gelassen. Sie bekommen nun täglich Geld von BuKi, um sich in dieser turbulenten Zeit über Wasser halten zu können.

Zum anderen kristallisierte sich während meines Aufenthalts eine weitere Familie heraus, die dringend auf die Unterstützung von BuKi angewiesen ist. Drei Mädchen und ein kleiner Junge, zwischen 4 und 10 Jahre alt, lebten während dieser Zeit bei ihrem Opa, der selbst nicht wusste wie er die vier Kinder versorgen sollte. Bei unserem Besuch betraten wir einen stockdunklen Raum, in dem der Fernseher lief und in dem die 4 Kinder eng nebeneinander lagen – und das mitten am Tag. Die Stimmung war bedrückend und schwer. Auch bei Ihnen waren wir zum Frühstücken und auch sie werden nun durch BuKi finanziell unterstützt.

Wie es nun weiter geht, kann wohl niemand voraussagen. BuKi versucht, die Familien weiterhin zu unterstützen, jedoch wird dies mit wachsenden Sanktionen und Einschränkungen eine noch größere Herausforderung werden.

Wie Sterne am Nachthimmel
Als ich im Viertel bei den Familien war, schockierte es mich jedes Mal zu sehen, welches Leid die Kinder bereits in ihren jungen Jahren ertragen müssen. Geschwister, die von ihren Eltern allein zurückgelassen werden, viel zu jung, um sich selbst zu versorgen, viel zu jung, um es zu verstehen. Kinder, die sich mit etlichen anderen eine kleine abreißbedürftige Hütte teilen, eng aufeinander schlafen und leben. Kinder, die in stets den gleichen verschmutzten Klamotten den Tag beginnen, häufig ohne Socken. Ein Viertel, in dem es kein fließendes Wasser gibt, keine sanitären Anlagen und in denen sich der Müll in jeder Ecke stapelt. Inmitten dieser Anhäufung von Armut, Dreck und Perspektivlosigkeit scheinen mir die Augen der Kinder wie Sterne am Nachthimmel entgegen. Du schenkst Ihnen ein Lächeln – und es strahlt zurück.